Studium & Co.: Wie sinnvoll ist akademisches Ghostwriting?

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Das Fremdschreiben von akademischen Arbeiten ist an heutigen Universitäten mittlerweile relativ normal, auch wenn es weitgehend sehr selten bemerkt wird. Viele heben beim Verweis auf Ghostwriting schnell den moralischen Zeigefinger und wittern Betrug. Dass das Beauftragen eines Ghostwriters aber nichts mit Faulheit oder Unfähigkeit zu tun haben muss, zeigt dieser Artikel.

Warum beauftragt man einen Ghostwriter?

Akademisches Ghostwriting wird mittlerweile von einer Vielzahl von Agenturen angeboten. Anbieter wie Akademix beherbergen eine große Anzahl Autoren, die sich als Ghostwriter für verschiedene Fachgebiete eignen. Aber wer fragt hier an? Es ist unsinnig, davon auszugehen, dass Menschen ihre halbe oder gar ganze akademische Laufbahn über Arbeiten fremdschreiben lassen und sich ihren Abschluss somit ‚erkaufen‘. Das hätte schon deshalb keinen Sinn, weil sie das nötige Wissen und die Fähigkeiten, die der Abschluss nachweisen soll, später in keinem Beruf unter Beweis stellen könnten.

Vielmehr ist es sehr häufig so, dass Menschen auf akademische Ghostwriter zurückgreifen, die während ihres Studienverlaufes in eine gewisse Notlage geraten oder die den unfairen Studienbedingungen nicht gewachsen sind. Ein Beispiel: Eine Studentin ackert sechs Semester lang für ihren Bachelor in Psychologie. Später möchte sie noch einen Master auf ihr Studium aufsetzen, um als Psychologin arbeiten zu können. Kurz vor Ende ihres Bachelorstudiums bekommt die Studentin ein Kind.

Es stellt sich heraus, dass die ersten Monate nach der Geburt sehr zeit- und nervenintensiv sind. Zudem hat sie aus gesundheitlichen Gründen einige Vorlesungen und Seminare verpasst. Nun ist kurz vor Ende des Studiums beinahe alles beisammen, aber eine Hausarbeit steht noch aus, die sie aus Zeitgründen bereits aus einem vergangenen Semester geschoben hat In drei Wochen muss abgegeben werden, sonst fehlen die erforderlichen Leistungspunkte für eine Zulassung zur Bachelorprüfung.

Damit ist die gesamte Arbeit, die in das Studium investiert wurde, wegen einer Prüfungsleistung in Gefahr. Und ohne Aussicht auf einen baldigen Bachelorabschluss kann man sich auch nicht für weiterqualifizierende Studiengänge bewerben. Weil sie kurz nach der Schwangerschaft gleich wieder arbeiten gehen muss, um sich und ihren Nachwuchs zu ernähren, hat sie kaum Zeit für die Bibliothek.

Illusion der Chancengleichheit

Wer akademisches Ghostwriting moralisieren will, geht üblicherweise fälschlich davon aus, dass es im akademischen Betrieb für jeden gleich gerecht zugeht. Das ist nicht immer der Fall. Selbst wenn keine Ereignisse wie eine plötzliche Schwangerschaft oder Krankheit eintreten, sind die Voraussetzungen für jeden Studenten ungleich verteilt. Manche Studenten bekommen einen üppigen Unterhalt von ihren Eltern gezahlt und können sich Vollzeit auf ihr Studium konzentrieren.

Andere müssen neben dem Studium eine halbe oder sogar ganze Stelle annehmen, um ihren Lebensunterhalt zahlen zu können. Wer darüber sprechen möchte, ob es verwerflich ist, eine Dienstleistung wie das akademische Ghostwriting in Anspruch zu nehmen, der sollte auch darüber sprechen wollen, wie fair es ist, wenn ein nebenher Vollzeit jobbender Student am Ende die gleiche Note bekommt wie ein alimentierter Student, obwohl beide einen sehr ungleichen Aufwand in ihr Studium stecken mussten.

Am Ende eines Studiums wird die fachliche Eignung nicht umsonst am Arbeitsmarkt gemessen. Der Abschluss taugt nur als Hinweis darauf, dass eine Eignung vorliegen könnte. Unter welchen Bedingungen ein Studium abgeschlossen wurde, das lässt sie Note nicht erahnen. Solange diese ungleichen Bedingungen vorherrschen, ist es schwer, angehenden Akademikern ungleiche Wege zum Studienerfolg zum Vorwurf zu machen.

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