Spritzgussverfahren: Diese Materialien können genutzt werden

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Im Jahr 1865 experimentierte John Wesley Hyatt mit unterschiedlichen Werkstoffen, um einen Ersatz für das kostenintensive Elfenbein zu finden, damit günstige Billardkugeln hergestellt werden können. Entdeckt wurde dabei, dass sich die spröde Nitrozellulose durch das Beimengen von Alkohol und Campher unter Druck und Hitze auflöst, wodurch das Material gefügiger wird.

Das Erfinden der Kolbenschraube revolutionierte die Kunststoffindustrie Mitte der 50er Jahre, denn sie löste Probleme wie das ungleichmäßige Erwärmen von Kunststoff. Der neue Horizont für die Massenherstellung von Kunststoffprodukten wurde somit eröffnet. Im Jahr 2021 wurden allein in Deutschland circa 21 Millionen Tonnen im Spritzgussverfahren verarbeitet.

Die größten Unterschiede der Materialien

Hauptsächlich werden im Spritzgießen Kunststoffe verarbeitet, die sich in drei Gruppen unterteilen lassen. Das Thermoplast-Spritzgießen findet in der Kunststoffverarbeitung die die häufigste Anwendung, da es sich für alltägliche Produkte wie Verpackungen am besten eignet.

Haupteigenschaften von Thermoplasten

Thermoplastische Kunststoffe wie PE, PP und PS sind vor allem im Alltag bekannt. Joghurtbecher und andere Verpackungen werden mit diesen Materialien hergestellt. Die Vorteile sind die maximale Flexibilität und das geringe Gewicht. Der Nachteil jedoch ist, dass Polyethylene kaum hitzebeständig sind. Niedrige Temperaturen reichen bereits aus, um die zwischenmolekularen Kräfte zu zerstören. Die langen Molekülketten, aus denen die Struktur von Thermoplasten besteht, sind nicht verkettet und können gegeneinander gleiten. Was sich in der flexiblen Eigenschaft als positiv auswirkt, ergibt sich zum Nachteil bei Wärmeeinwirkung.

Grundlegende Vor- und Nachteile der Duroplaste

Teile aus Polyurethan oder Silikonharzen weisen zunächst eine extreme Härte auf. Die Materialien werden wegen dieser Eigenschaft als Duroplaste bezeichnet, denn „durus“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie hart. Die Robustheit wird geschätzt, um beispielsweise Pistolengriffe oder andere Teile aus Hartplastik zu produzieren. Der Nachteil des Materials ist jedoch die spröde Eigenschaft. Während Duroplaste im Vergleich zu Thermoplasten deutlich wärmeresistenter sind und sich nicht verformen lassen, weisen sie eine rauere Oberfläche auf und zerbröseln bei Hitzeeinwirkung. Die Moleküle sind im Gegensatz zu denen der Thermoplaste untereinander vernetzt und sorgen somit für die robuste Eigenschaft.

Hauptsächliche Vor- und Nachteile Elastomere

Die Moleküle der Elastomere sind zwar gut vernetzt, aber nicht so stark wie die der Duroplaste. Durch die lockerere Verbindung sind Teile aus dem Material sehr elastisch. Nachdem hoher Druck auf ein Produkt ausgeübt wurde, kehrt es anschließend in seine ursprüngliche Form zurück.

Die wichtigsten Materialen für das Spritzgussverfahren

Einige Materialen sind im Spritzguss wegen ihrer positiven Eigenschaften besonders beliebt. Während alle Thermoplaste verwendet werden können, gibt es auch einige Flüssigsilikone und Duroplaste, die sich für den Spritzguss eignen. Fasern, Mineralien, Kautschukpartikel oder Flammschutzmittel können beigemengt werden, um die physikalischen Eigenschaften wie den Härtegrad abzuändern.

Polyethylen (PE)

Mit niedriger Festigkeit, Steifigkeit und Härte weist das Material eine hohe Dehnbarkeit, Schlagzähigkeit und geringe Gleitreibung auf. Der thermoplastische und umweltfreundliche Kunststoff ist recycelbar und lässt sich rückstandlos verbrennen. Daher sind Gebrauchsgegenstände und Folien aus dem Kunststoff kaum aus dem Alltag wegzudenken. Weltweit wird Polyethylen am häufigsten verwendet, um Verpackungen und viele weitere Produkte herzustellen.

Polypropylen (PP)

Der am zweithäufigsten verwendete Kunststoff wird oftmals für Verpackungen verwendet. Wegen der chemischen Beständigkeit und lebensmittelechten Qualitäten eignet sich Polypropylen bestens dafür. Die Eigenschaften sind dem Material Polyethylen ähnlich, wobei PP etwas wärmebeständiger und härter ist. Rund 19 Millionen Tonnen wurden im Jahr 2020 für Verpackungsmaterial genutzt und mit weiteren 25,7 Millionen Tonnen PP produzierten Hersteller geformte Kunststoffteile.

Polyurethan (PU)

Je nachdem wie Polyurethan hergestellt wird, lässt es sich in drei Arten von Kunststoffen einteilen. Thermoplasten, Elastomere und Duroplasten, wodurch es sich vielseitig einsetzen lässt. Sowohl Kleidung, Lacke, Möbel, Klebstoffe als auch Autoteile lassen sich damit produzieren. Für Vergussmassen werden Harze verwendet. Als Thermoplast kann es für den Spritzguss dienen, der unter anderem auch zu Silikon weiterverarbeitet werden kann.

Acrylnitril-Butadien-Styrol-Copolymer (ABS)

Eine ganze Reihe von unterschiedlichen Kunststoffen lässt sich im Spritzgussverfahren anwenden. ABS wird oftmals vor allem wegen dem Preis-Leistungs-Verhältnis verwendet. Mit einer guten Oberflächenqualität und chemischen Beständigkeit eignet sich das Polymer für eine Vielzahl an Produkten. Gute Schlagzähigkeit, kratzfeste Oberflächen und die Beständigkeit gegen Fette und Öle sind die positiven Eigenschaften des günstigen Materials.

Polystyrol (PS)

Als Folienmaterial oder Packmittel ist Polystyrol äußerst bekannt. Durchsichtigkeit und der Oberflächenglanz sind ideale Eigenschaften, um beispielsweise CD-Hüllen, Kosmetika-Verpackung, Ordnungskästen, Isolierfolien, Leuchtabdeckungen oder auch Modeschmuck zu produzieren. Ein weiterer Vorteil des Materials ist, dass PS steril ist und daher auch für Produkte im Einsatz der medizinischen Industrie genutzt werden kann.

Nylon

Nylon Kunststoffe werden meistens mit Zahlen in Verbindung gebracht, die sich auf die Molekülstruktur beziehen. Unter Polyamid oder PA 6 beispielsweise ist das Material bekannt. Eine hohe Verschleißbeständigkeit, thermische Stabilität, gute Härte und Festigkeit, Gleiteigenschaften und Chemikalienbeständigkeit sind die Eigenschaften der Polyamid Kunststoffe, wodurch es oft als Ersatz für Metall dient.

Polycarbonat (PC)

Besondere Vorteile in den Eigenschaften Schlagfestigkeit, Brandverhalten und Steifigkeit zeichnen das Material aus. PC ist äußerst robust und bietet eine gute Hitzebeständigkeit. Optischen Ansprüchen wird Polycarbonat durch seine Transparenz gerecht. Für Brillengläser, Panzerglas, Linsen, Kunststoffgläser, Schutzhelmvisiere, Autoscheinwerfer oder Koffer wird PC vorzugsweise verwendet.

Ethylenvinylacetat (EVA)

Vor allem für Verpackungsmittel wird EVA verwendet. Durch die kautschukähnliche Eigenschaft eignet sich Ethylenvinylacetat auch ideal für Schuhsohlen und form- bzw. faltbare Spielzeuge. In der Elektroindustrie findet das Material als Kabelummantelung seinen Einsatz. Für flexible Rohre, Verschlüsse und Dichtungen wird EVA ebenfalls oft verwendet.

PEEK

PEEK Polymer besitzt ein ausgezeichnetes Verhältnis von physischen Eigenschaften. Höchste Wärmebeständigkeit und die mechanische Festigkeit weisen sich für viele Produkte zum Vorteil auf. Für Getriebeteile, Pumpen, Kompressoren, Zahnräder, Ventile, Knetmaschinen und Mischer wird PEEK gerne verwendet.

Polyoxymethylen (POM)

Vor allem in dünnwandigen Präzisionsteilen findet POM seinen Einsatz. In der Feinwerktechnik, im Bauwesen, in der Fahrzeugindustrie und für Haushaltsgeräte wird Polyoxymethylen vorzugsweise verwendet. Das sehr steife Material weist hohe Härte, sehr gute Zähigkeit und Chemikalienbeständigkeit auf.

Fazit

Studien zeigen, dass vor allem in der Verpackungsindustrie das Spritzgussverfahren angewendet wird. Große Kunststoffpackungen als auch kleine Einwegbehälter für Lebensmittel werden täglich produziert. Der größte Vorteil durch das Spritzgießen ist, dass eine Vielzahl an Teilen reproduziert werden kann. In den meisten Fällen ist keine Nachbearbeitung notwendig. Durch die vollständige Automatisierbarkeit kann ressourcensparend und sehr effizient gearbeitet werden, wodurch das Spritzgussverfahren in sämtlichen Branchen Anwendung findet.

 

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