Disruption: Definition, Beispiele und Einflussfaktoren

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Das Wort Disruption wird am häufigsten in der Start-up-Szene verwendet. Der Begriff ist eine Ableitung vom Englischen to disrupt und kann als unterbrechen, spalten, zerreißen, zersprengen, stören, zerstören und aufbrechen übersetzt werden. Wenn eine disruptive Idee auf die Unternehmenswelt übertragen wird, dann sorgt sie dafür, dass bestehende Organisationen und Strukturen auseinandergenommen und bei Erfolg ruiniert werden. Das klingt zwar ziemlich destruktiv, doch so angriffslustig und negativ ist das nicht gemeint.

Disruption verstehen und effektiv nutzen

Start-ups möchten andere Unternehmen nicht automatisch vernichten. Stattdessen haben sie die Absicht die bisherigen Erzeugnisse, Abläufe und Arbeitsweisen durch ganz besondere, neue Konzepte derart zu optimieren, dass sie anfangs durch die Neuschöpfung nur gestört und irgendwann ganz altmodisch werden. Somit sorgt eine Disruption dafür, dass veraltete Strukturen durch völlig neue – deutlich bequemere oder einfachere – ausgewechselt werden.

Ein wichtiger Hinweis: Eine disruptive Idee ist keine einfache Weiterentwicklung von bestimmten Produkten. Es stellt stattdessen eine völlig neue Entwicklung mit innovativen Ansätzen dar.

Zu einer Disruption kommt es oftmals durch eine Digitalisierung: Ein Produkt oder eine Struktur, die bislang analog waren, wird durch eine digitale Dienstleistung oder durch gewisse digitale Abläufe ersetzt. Bei disruptiven Konzepten redet man deswegen häufig auch von einer Revolution der Digitalisierung oder anderen Wortschöpfungen, die ähnlich klingen – das liegt vor allem daran, dass es für den Begriff noch keine konkrete deutsche Übersetzung gibt.

Nur erfolgreiche Start-ups können als disruptiv bezeichnet werden

Ist jede junge Firma ein Start-up? Definitiv nicht. Selbst wenn beinahe jeder App- und Software-Entwickler sowie jeder Online-Shop-Betreiber mittlerweile als Start-up bezeichnet wird, stimmt das laut der echten Start-up-Definition nicht. Eine einzigartige Eigenschaft, die ein junges Gewerbe von anderen innovativen Unternehmen unterscheidet, ist sein Potenzial zur Disruption.

Disruptive Technologien sorgen für mehr Umbrüche

Innovationen, die bestehende Strukturen in Firmen oder in bestimmten Wirtschaftszweigen aufbrechen und ersetzen, bestehen nicht erst seitdem Start-ups zum Trend geworden sind. Die voranschreitende Digitalisierung führt heutzutage allerdings zu mehr Umbrüchen als früher – diese erfolgen häufig auch deutlich schneller. Bekannte Disruptionen können durch folgende Beispiele verdeutlicht werden:

Die Medien-Digitalisierung

Bands und Musiker wurden früher vom Musik-Verlag unter Vertrag genommen. Diese kümmerten sich ebenfalls ums Marketing und brachten die Lieder meist über einen Vertriebspartner auf Schallplatten oder Kassetten in den Einzelhandel. Kassetten und Vinyl wurden später durch CDs ersetzt, die Vertriebswege blieben allerdings gleich. Mit dem MP3-Format kam schließlich der erste disruptive Umbruch: Musikstücke konnten nun über das Internet verkauft und gekauft werden. Somit verloren das CD-Presswerk und -Vertrieb sowie der Musikladen ihre bisherige Daseinsberechtigung. Im Musikgeschäft erlebte die Disruption vor einigen Jahren einen weiteren Evolutionsschritt: MP3-Dateien galten als „out“, denn das Song-Streaming war plötzlich angesagt. Derartige Umbrüche gab es nicht nur im Musik-Business, sondern auch bei Software, Filmen, PC-Spielen und Büchern.

digitalisierung der medien

wutzkohphoto/shutterstock.com

Smartphones als praktische Alleskönner

Das Smartphone ist bislang eine der größten disruptiven Erfindungen. Das Gerät verbindet mehrere bahnbrechende Entwicklungen unter einer Haube – ein modernes Smartphone dient dank seiner Apps als Telefongerät, Foto- und Videokamera, Notizbuch, Musikspieler, Singlebörse, Informationsmedium, Pulsmesser etc. Das innovative Handy hat beinahe keine Grenzen. Folgende disruptive Smartphone-Apps sind zurzeit am bekanntesten:

  • Uber für Taxi und Transport
  • Google Maps und Waze als Mappe und Navigation
  • Runkeeper als Fitness-App
  • Venmo als internationale Geldüberweisungsapp
  • Tinder als Dating-App
  • Instagram als Foto-App
  • Twitter als News- und Informations-App
  • Spotify als Musik-App

Alle Informationen auf Knopfdruck

Wenn man früher etwas Bestimmtes genau wissen wollte, musste man in die Bibliothek fahren, um in gewissen Fachbüchern nachzuschlagen. Man hatte auch eine weitere Möglichkeit: Die 30 Bände der Brockhaus-Enzyklopädie, die die tierisch teuer waren und einige Meter im Regal einnahmen. 2014 kam es jedoch zum Umbruch: Die Produktion des Bertelsmann-Verlags wurde vom Brockhaus eingestellt, da das Internet und die kostenlose Wikipedia mit einem beinahe unbegrenzten Wissensschatz das gesamte Druckwerk ersetzten. Weitere disruptive Schritte erfolgten in Form von Sprachassistenten wie Alexa, Cortana und Siri, mithilfe deren alle nötigen Informationen per Spracheingabe gesucht werden.

Obere und untere Grenze der Disruption

Eine digitale Lösung lässt sich im Extremfall in wenigen Sekunden oder in wenigen Minuten fast vollständig verändern. Das Ganze erfolgt so schnell, dass sie sich bereits am selben Tag im Verarbeitungsprozess befindet. Tendenziell werden die Lösungen sogar immer schneller, da Programme zur Erschaffung dieser immer besser werden. Dies dauert bei analogen Lösungen meist etwas länger. Dabei wird die untere Grenze der Disruption von der minimalen menschlichen Adaptionsgeschwindigkeit (der notwendigen Zeit, um sich an die Veränderung zu gewöhnen) gebildet. Die untere Disruptionsgrenze liegt laut Studien zwischen zwei Wochen bis sechs Monaten. Kunden benötigen also mindestens zwei Wochen, um ein innovatives Produkt in Ihren Alltag einzuschließen.

Daher ergeben schnellere Disruptionszyklen keinen Sinn, da diese von den kognitiven Kapazitäten der Kunden limitiert werden. Die obere Grenze bezeichnet die Zeit, innerhalb welcher die Konkurrenten bequem auf die Veränderung reagieren können. Ein Umbruch, der sich langsamer entwickelt als die Entwicklungszyklen der Konkurrenten, ist keine Disruption. Sollte es beispielsweise fünf Jahre dauern, bis es ein Produkt von der Verbreitung bis zur Massenadaption geschafft hat, kann der Prozess kaum noch als disruptiv bezeichnet werden – in dieser langen Zeit kann die gesamte Branche entspannt reagieren und eigene effektive Lösungen anbieten.

Disruptionsgeschwindigkeit: Was sind die Einflussfaktoren?

Die Erschaffungs- und Verbreitungsgeschwindigkeit einer disruptiven Innovation hängen von drei wichtigen Faktoren ab:

  1. Know-how. Je mehr man an nützlichen Informationen besitzt, desto schneller gehen die Entwicklungen voran.
  2. Geringe Umsetzungshindernisse. Tools wie zum Beispiel Google Docs, Dropbox etc. sowie Hightech-Lösungen fördern die Realisierung.
  3. Genügend Unterstützung beziehungsweise gute Validierungsoptionen. Crowdfunding, Wettbewerbe, Influencer-Kooperationen, Inkubatoren und weiteren Möglichkeiten kann Ihre Idee zeitgleich besser und viel schneller umgesetzt werden.

Dank derartiger Entwicklungen sind viele beinahe kostenfreien Services sofort international verfügbar. Diese kostenlosen Geschäftsmodelle senken alle möglichen Innovationsbarrieren und steigern somit die Disruptionsgeschwindigkeit. Diese drei Faktoren erhöhen nicht nur die Zahl an etwaigen Disruptionen, sonder erhöhen auch gleichzeitig die Wahrscheinlichkeit eines hohen Grades der Disruption – also die Wucht des Effektes der neuen disruptiven Lösung auf die Konkurrenz und die Branche, die sie betrifft.

 

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