Die Prognosen der Experten sind düster. Wirtschaftlich werden die Jahre 2020 und wahrscheinlich auch 2021 deutliche Spuren in Deutschland hinterlassen, unabhängig davon, wann und ob sich die Wirtschaft nun erholen wird. Nach Einschätzung von Ökonomen werden die Unternehmensinsolvenzen noch in diesem Jahr dramatisch steigen, auch die Zahl an Privatinsolvenzen wird in diesem Zusammenhang steigen.
Auf den ersten Blick könnte man meinen, der deutschen Wirtschaft gehe es trotz der widrigen Umstände gut. Die Amtsgerichte vermeldeten bislang weniger Insolvenzverfahren als im Vorjahr, knapp 4 Prozent sind es derzeit weniger. Doch bei genauerem Hinsehen offenbart sich das Ausmaß des Schadens. Zum einen hat der Lockdown erst Ende März begonnen, erst dann sind viele Unternehmen von den Maßnahmen ihrer Existenz beraubt worden. Der überwiegende Anteil der bislang ausgewerteten Verfahren hat seinen Ursprung also nicht im Lockdown. Erst im zweiten Halbjahr lassen sich also aussagekräftige Zahlen vorlegen.
Unternehmen, welche kurz vor der Pleite stehen sind derzeit zudem gar nicht verpflichtet einen Insolvenzantrag zu stellen, die Regierung hat eine dementsprechende bislang geltende Regelung vorerst ausgesetzt. Bis Ende September oder gar Mitte 2021 haben betroffene Unternehmen nun also Zeit. Welchen Sinn diese Maßnahme hatte, darüber kann nur spekuliert werden.
Lockdown war nicht vorhersehbar
Produktionsausfälle, einbrechende Lieferketten und die Schließung hunderttausender Betriebe trafen die meisten Menschen am 13. März dieses Jahres völlig unerwartet, der Lockdown hat die gesamte Weltwirtschaft in deine tiefe Krise gestürzt. Spätestens ab Herbst erwarten Kreditversicherer und Wirtschaftsexperten den Beginn einer großen Pleitewelle. Die Anzahl der betroffenen Unternehmen und Einzelunternehmer kann dabei gar nicht abgeschätzt werden. Während der Zuwachs an Insolvenzen im vergangenen Jahr bei relativ niedrigen acht Prozent lag, geht man für 2020 und 2021 von einem Zuwachs von mehr als 30 Prozent aus. Das Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung geht davon aus, dass ein Fünftel aller Unternehmen kurz vor der Pleite stehen.
Manche Branchen besonders schwer getroffen
Nahezu alle Branchen sind von der Auswirkungen betroffen, Gesamtwirtschaftlich wurden die verschiedenen Branchen aber unterschiedlich hart getroffen. Vor allem Dienstleistungsfirmen haben die Auswirkungen des Lockdowns und des Reiseverbots zu spüren bekommen. Besonders hart trifft die gegenwärtige Krise Selbstständige aus der Gastro-, Event- oder Reise- / Touristikbranche. Reisebüros, Hotels, Kneipen und Cafés, Kinos und Restaurants – die Liste der am stärksten betroffenen Unternehmen ist lang, die Liste derer die schwarze Zahlen schreiben, wird täglich kürzer. Etwa 85 Prozent der Reisebüros und Reiseveranstalter sehen sich gegenwärtig in ihrer Existenz bedroht, vor allem auch deshalb, da nicht klar ist, wann alle Reisebeschränkungen wieder aufgehoben werden.
Ein zweites Jahr ohne Zahlungswillige Urlauber hält die Branche mit Sicherheit nicht aus. Auch die stark vom Tourismus abhängige Gastronomie- und Hotelbranche ist davon betroffen.
Staatliche Hilfen laufen ins Leere
Der Staat hat neben Maßnahmen zum Infektionsschutz vor allem riesige finanzielle Mittel für Wirtschaftshilfen in Aussicht gestellt, dennoch fürchten sich viele vor einer drohenden Pleitewelle. Das Problem ist, dass viele Solo-Selbstständige nicht auf diese Hilfsmittel zugreifen können, da sie ausschließlich für laufende Betriebskosten eingesetzt werden dürfen. In den meisten Fällen sind diese Kosten bei Soloselbstständigen aber relativ gering, die Einkommen aufgrund ausbleibender Aufträge aber auch. In den vergangenen Wochen ist der Anteil an Leistungsbeziehern stark gestiegen, viele dieser Neubezieher sind Selbstständige.
Besonders schlimm erwischt es diejenigen, die sich den Traum der Selbstständigkeit am Anfang des Jahres per Kredit ermöglicht haben. Im schlimmsten Fall endet der Traum in einer Privatinsolvenz. Unter folgendem Link erfährt man was in Bezug auf eine Privatinsolvenz bei Selbständigen zu beachten ist.
Pleitewelle ab Herbst
Insolvenzgerichte in ganz Deutschland bereiten sich auf die befürchtete Pleitewelle vor. Dass Experten diese gerade im Herbst erwarten, hat einen Grund. Bis Ende September hat die Bundesregierung die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt, viele betroffene Unternehmen und Solo-Selbstständige welche von einer drohenden Insolvenz betroffen sind, werden den Antrag bis dahin nicht einreichen. Durch diese Maßnahme wurde die Insolvenz von mutmaßlich tausenden Unternehmen unnötig verzögert und könnte am Oktober zu einer dramatischen Verschärfung der derzeitigen Situation führen. Wenn Hunderttausende Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren und die Sozialkassen zusätzlich belasten stellt sich die Frage, ob der Sozialstaat unter Beibehaltung des derzeitigen Systems überhaupt überlebensfähig ist.
Kein Ende in Sicht?
Nicht nur die deutsche Wirtschaft, nahezu alle Volkswirtschaften der Erde sind von den Auswirkungen des Lockdowns schwer in Mitleidenschaft gezogen worden. Die Schäden werden kurz- bis mittelfristig kaum zu beheben sein. Schon jetzt erwarten Wirtschaftsexperten einen Rückgang der Weltwirtschaft von mindestens 15 Prozent. Auch Währungen geraten ins Wanken und teilweise wird auch von vielen Verbrauchern schon über das Umschichten des Kapitals in andere Währungen wie den Schweizer Franken oder Gold nachgedacht. Noch in diesem Jahr wird die Weltwirtschaft sehr wahrscheinlich den schwersten Einbruch seit der Finanzkrise 2008 erleben.
Der Wirtschaftseinbruch könnte umso heftiger ausfallen, wenn Unternehmen, die es bis jetzt halbwegs gesund durch die Krise geschafft haben, durch die kommende Pleitewelle in Mitleidenschaft gezogen werden, etwa weil Pleiteunternehmen ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen. Es bleibt also sehr spannend, wie sich die Wirtschaft in den kommenden Monaten entwickeln wird.