Die Welt wird immer kleiner und folglich immer internationaler. Das ist gut so, denn der anhaltende Fachkräftemangel in Deutschland zwingt die hiesigen Unternehmen, sich auch in anderen Ländern nach geeignetem Personal umzuschauen. Das diese nicht unbedingt immer perfekt die deutsche Sprache beherrschen ist klar. Hier kann Englisch als moderne Lingua Franca aushelfen. Allerdings wird das wohl nicht immer gern gesehen, zumindest nicht von dem Betriebsrat einer Filiale einer spanischen Bekleidungsunternehmens hier in Deutschland. Der hatte geklagt, allerdings hat das Landesarbeitsgericht Nürnberg ihm nicht recht gegeben.
Der Fall
Im Detail ging es um die Filialleiterin besagter Zweigstelle eines Modeunternehmens in Deutschland. Zwar spricht sie Englisch und Italienisch, aber sie war des Deutschen nur sehr wenig mächtig. Aus diesem Grund führte sie Gespräche mit dem Betriebsrat, den Angestellten sowie Bewerbungsgespräche auf Englisch. Darüber beschwerten sich jedoch einige Angestellte sowie der Betriebsrat. Bei Mitarbeiterversammlungen und anderen Gelegenheiten wurde das Gesprochene jedoch von der Vertretung der Filialleiterin übersetzt. Laut dem Betriebsrat, geschah das jedoch nicht immer. Daraufhin verlangte der Betriebsrat, dass die Kommunikation mit der Filialleitung grundsätzlich auf Deutsch erfolgen müsse. Als die Filialleitung weiterhin in Englisch mit ihren Angestellten kommunizierte, hat sich der Betriebsrat jedoch in seinem Mitbestimmungsrecht verletzt gefühlt und Klage eingelegt.
Landesarbeitsgericht bestätigt Urteil
Nachdem der Fall bereits beim Arbeitsgericht Nürnberg abgewiesen wurde, bestätigte nun das Landesarbeitsgericht Nürnberg im Sommer 2020 folgendes Urteil und folgte damit der Argumentation der Beklagten: Sie merkte an, dass durch eine rein deutsche Kommunikation andere Menschen, die möglicherweise nicht so gut Deutsch sprechen, außen vor gelassen würden. Vor allem dann, wenn man den Hintergrund betrachtet. Es handelt sich immerhin um ein international agierendes Unternehmen. Hier liegt es nicht fern, dass verschiedene Sprachen im Arbeitsalltag aufeinandertreffen. Weiter heißt es im Urteil, dass es nicht zulässig von Seiten des Betriebsrates sei, eine Kommunikation in deutscher Sprache zu verlangen, wenn dies nicht so vom Unternehmen vorgegeben ist. Allerdings kann der Betriebsrat verlangen, dass ihm zumindest Erklärungen der Filialleitung als Übersetzungen vorliegen.
Auch bei Gesprächen sei eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit einer Art Dolmetscher möglich, der das Gesprochene unmittelbar ins Deutsche überführt.
Geht der Betriebsrat zu weit mit der Klage?
Natürlich kann es für die Arbeit des Betriebsrates erschwerend sein, wenn das Gegenüber eine andere Sprache spricht, als man selbst. Jedoch sollte das, wie bereits erwähnt, in einem international agierenden Unternehmen, wo Englisch gang und gäbe ist, kein Problem sein. Auch im Hinblick auf eine mögliche Diskriminierung anderer Mitarbeiter ist die Forderung nach einer ausschließlich Deutschen innerbetrieblichen Kommunikation schwierig. Es ist nun einmal so, dass nicht jeder perfektes Deutsch spricht. Außerdem gilt Englisch mittlerweile fast als eine Grundvoraussetzung zur Einstellung in nahezu jeder Branche.
Im Umkehrschluss ergibt es keinen Sinn für die Filialleitung, mit Mitarbeitern nur auf Deutsch zu sprechen, wenn diese unter Umständen besser Englisch als Deutsch sprechen. Eindeutig zu weit geht der Betriebsrat, wenn er verlangt, dass selbst Privatgespräche nur noch auf Deutsch abgehalten werden. Streng genommen wären mit solchen Verordnungen sogar Anglizismen untersagt.
Ein guter Betriebsrat wichtig für Unternehmen
Ohne Zweifel sind Betriebsräte essenziell wichtig für die deutsche Unternehmenskultur. In diesem Fall ist er wohl etwas über das Ziel hinausgeschossen. Grundsätzlich soll sich der Betriebsrat für die Belange der Mitarbeiter einsetzen. Dafür ist eine ganze Reihe an Seminaren für Weiterbildung notwendig, um beispielsweise das nötige Feingefühl für solche Situationen zu entwickeln. Dabei bekommen neu gewählte Betriebsräte ein solides Grundwissen. Bei wiedergewählten Vertretern wird dieses Wissen durch verschiedene weitere Kompetenzen ergänzt. Mitglieder von Betriebsräten sollten sich zudem immer auf dem Laufenden halten, was beispielsweise Gesetzesänderungen oder Gerichtsurteile angeht.
Grundsätzlich gliedert sich das Aufgabenfeld eines Betriebsrates wie folgt:
- Arbeitsschutz
- Umweltschutz
- Soziale Angelegenheiten
- Ausschreibung von Arbeitsplätzen
- Ausbildung und Weiterbildung von Mitarbeitern
- Änderungen im Unternehmen
- Beisitz bei Mitarbeitergesprächen
- Beschwerden von Mitarbeitern
- Anhörungen bei Kündigungen
Kommunikation wichtig
Eine reibungslose Kommunikation zwischen dem Betriebsrat und dem Arbeitgeber, in diesem Fall der Filialleiterin, ist also essenziell wichtig. Allerdings sehen die Richter des Landesarbeitsgerichts Nürnberg das nicht durch das Verwenden anderer Sprachen als der Deutschen gefährdet. Wäre die Sprache beispielsweise kein Problem und die Filialleitung würde perfektes Deutsch sprechen, könnte es möglicherweise andere Probleme in der Kommunikation geben, die die gemeinsame Zusammenarbeit vielleicht sogar unmöglich machen.
Englisch eine gute Lösung für internationale Unternehmen
Natürlich sollten die Mitarbeiter gerade in einem Modeunternehmen, das auf Kontakt mit Kunden setzt, auch die Sprache der Kundschaft sprechen. Geht es jedoch um innerbetriebliche Kontakte ist gerade in einem internationalen Unternehmen Englisch ein wichtiges Standbein für die Kommunikation untereinander. Selbst mitteständische Unternehmen, die bislang nur in Deutschland aktiv waren, versuchen ihre Unternehmenssprache langsam auf Englisch umzustellen. Dazu benutzen sie neben Sprachkursen auch praktische Übungen, damit die Mitarbeiter, die des Englischen nicht so mächtig sind, nicht vor den Kopf gestoßen werden. Grundsätzlich sind Bewerber, die Englischkenntnisse im Lebenslauf angeführt haben, lieber bei Personalern gesehen. Hier gilt: je umfangreicher die Kenntnisse sind, desto bessere Chancen hat der Bewerber.
Betrachtet man das Urteil unter diesen Voraussetzungen, ist das Vorgehen der Filialleitung keinesfalls verwerflich, wie das Gericht es auch bestätigt. Stattdessen versucht sie auf alle Mitarbeiter einzugehen. Sollte dann doch jemand nicht mitkommen, werden immerhin Übersetzungen angeboten.