Günstigkeitsprinzip: Die rechtswissenschaftliche Kollisionregel

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Das Günstigkeitsprinzip wird vor allem im Arbeitsrecht eingesetzt, findet aber auch im Eruopa- und Familienrecht Anwendung. Es handelt sich um eine rechtswissenschaftliche Kollisionregel. In diesem Beitrag erhalten Sie jede Menge Informationen über das Günstigkeitsprinzip. Ihnen wird anschließend klar sein, um was es sich dabei überhaupt handelt und wo dieses einzusetzen ist.

Was ist das Günstigkeitsprinzip?

Es findet ein sogenannter Stufenbau der Rechtsordnung statt, in der das Gesetz die Basis darstellt. Dies bedeutet, Bestimmungen aus einem Kollektivvertrag können nur besser sein als das Gesetz selbst. Gleichzeitig können Betriebsvereinbarungen nur besser sein als ein Kollektivvertrag sowie der Arbeitsvertrag nur besser als eine Betriebsvereinbarung. Sollte es zum Beispiel dazu kommen, dass der Arbeitsvertrag eine Verschlechterung für den Arbeitnehmer aufweist, zählt automatisch die Betriebsvereinbarung. Der Stufenbau sieht folgendermaßen aus:

  1. Arbeitsvertrag
  2. Betriebsvereinbarung
  3. Kollektivvertrag
  4. Gesetz

Welche Funktionen weist ein Kollektivvertrag auf?

Bei dem Kollektivvertrag handelt es sich um einen Vertrag, welcher die Arbeitsbedingungen und Entlohnungsbedingungen für eine größere Gruppe von Menschen schriftlich festhält. Folgende Vorteile sind durch einen Kollektivvertrag gegeben:

  • fixe Mindeststandards von Arbeitsbedingungen und Einkommen
  • stärkere Durchsetzungskraft
  • Ausschaltung von gegenseitigem Unterbieten
  • Ausgleich von Unterschieden
  • Ordnungsfunktion
  • Grundlage für Betriebsvereinbarungen
  • Empfehlung

Es kann somit erkannt werden, dass das Günstigkeitsprinzip aussagt, dass bei der Wahl von verschiedenen Rechtsnormen immer das Vorteilhaftere für den Betroffenen anzuwenden ist. Es handelt sich somit um das Gegenteil von dem Rosinenprinzip. Das Günstigkeitsprinzip ist im Arbeitsrecht, im Europarecht und im Familienrecht zu finden. Im Arbeitsrecht wird das arbeitsrechtliche Schutzprinzip verkörpert. Im Familienrecht wird das anwendbare Abstammungsrecht dargestellt und im Europarecht geht es um die Differenzen zwischen den Verfassungen der einzelnen Staaten, die Grundrechtecharta sowie die Europäische Menschenrechtskonvention.

Das Günstigkeitsprinzip im Arbeitsrecht

Das Günstigkeitsprinzip soll den Arbeitnehmer, wie bereits erwähnt, schützen. Dies soll vor allem deshalb geschehen, da der Arbeitgeber ein Profitmaximierungsprinzip anstrebt. Es kann auch zu Fällen kommen, dass der Arbeitsvertrag und die Betriebsvereinbarung nicht miteinander übereinstimmen. In so einem Fall wird das Günstigkeitsprinzip im Arbeitsrecht angewandt, um dem Arbeitnehmer einen Vorteil einzuräumen. Es muss beachtet werden, dass das Günstigkeitsprinzip objektiv und individuell ist. Dies resultiert daraus, da das Günstigkeitsprinzip nicht immer einen Vorteil für den Betroffenen darstellt, obwohl dies eigentlich so gedacht ist.

Sollte es zu einem Günstigkeitsvergleich kommen, werden weder die Interessen der Belegschaft noch das Urteil des Betroffenen miteinbezogen. Die Urteilsfindung ist somit rein objektiv und rational. Ein typisches Beispiel wäre, wenn ein Arbeitnehmer der Meinung sei, eine 34-Stunden-Woche sei für ihn selbst vorteilhafter als die 38-Stunden-Woche aus dem Tarifvertrag. In so einem Fall könnte es dazu kommen, dass das Bundesarbeitsgericht diese Meinung nicht teilt, da die Stundendifferenz geldwert ausgezahlt wird. Außerdem wird von dem Bundesarbeitsgericht die Meinung vertreten, dass einzelne Faktoren bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden müssen.

Dies bedeutet, Arbeitszeit und Arbeitsentgelt können nicht getrennt voneinander betrachtet werden. Dies bedeutet, jegliche Vertragsbestimmungen müssen im Zusammenhang miteinander verglichen werden. Darüber hinaus ist es wichtig zu wissen, dass das Günstigkeitsprinzip auch bei einem Betriebsübergang angewandt werden muss. Sollte ein Arbeitsvertrag mit einer Bezugnahmeklausel auf den günstigeren, vorherigen Tarifvertrag vorliegen, werden diese Regelungen angewandt.

Das Günstigkeitsprinzip im Familienrecht

Das Günstigkeitsprinzip im Familienrecht soll vor allem bewirken, dass für ein Kind das Recht angewandt wird, welches am günstigsten ist, wenn dessen Abstammung zu bestimmen ist. Die Juristen sind sich jedoch nicht einige, was die Kriterien für eine solche Entscheidung sein sollten. Bisher wurde in der Rechtsprechung die Ansicht vertreten, dass den Rechtsordnungen Vorrang gegeben werden müsse, die die Abstammungsbeziehung zeitlich zuerst begründe. Dies sei deshalb so, da ein Kind seinem Vater so schnell wie möglich zugeordnet werden müsse. Heute ist diese Ansicht jedoch eher umstritten. Folgendes Beispiel soll den Sachverhalt näher erläutern:

Ein Säugling kommt in Polen auf die Welt. Einige Monate nachdem sich die Mutter mit ihrem ehemaligen Ehemann geschieden hat, wird dieses Kind mit polnischer Staatsangehörigkeit geboren und ihr polnischer Ehemann als Vater auserkoren. Das Kind befindet sich jedoch in der Bundesrepublik Deutschland. Hier lebt der biologische Vater mit der Mutter zusammen. Das polnische Recht würde nun aussagen, dass der polnische Ehemann der Vater des Kindes sei. Dies resultiert daraus, da das Kind zu einem Zeitpunkt geboren wurde, zu diesem die Scheidung noch nicht länger als 300 Tage her war.

Die Günstigkeitsprüfung würde sich in so einem Fall an dem Wohl des Kindes orientieren. Da die Zuordnung zum biologischen Vater günstiger ist als zu dem polnischen Ex-Ehemann, wird dies auch so durchgeführt.

Das Günstigkeitsprinzip im Europarecht

Jeder, der auf das Günstigkeitsprinzip im Europarecht stößt, wird relativ schnell bemerken, dass er an dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, kurz EGMR, nicht vorbei kommt. Dies resultiert daraus, da das Günstigkeitsprinzip am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte europarechtlich wirksam ist. Die Mitgliedsstaaten sind rechtlich dazu verpflichtet, die Urteile von dem Europäischen Gerichtshof umzusetzen. Dies resultiert daraus, da sie rechtlich verbindlich sind und das, obwohl keine Europa-Regierung durch den Gerichtshof ausgeführt wird.

Damit die Urteile auch umgesetzt werden, ist ein Ministerkomitee dafür zuständig, das Ganze zu kontrollieren. Vonseiten des Komitees werden die „action Reports“ überprüft. Sollte alles ordnungsgemäß durchgeführt werden, wird eine „final resolution“ hinterlassen. Werden Urteile nicht umgesetzt, drohen Versäumnisverfahren als Druckmittel.

Welche Kritik wird dem Modell im Europarecht entgegengebracht?

Die Kritik, welche dem Günstigkeitsprinzip im Europarecht entgegengebracht wird, ist, dass die Umsetzung des Prinzips generell ins Abseits geraten sei. Dies würde die Menschenrechte in Europa sowie die Umsetzung der Grundrechte betreffen. Wenn die Situationen in Bulgarien, Polen, Ungarn oder Russland betrachtet werden, kann erkannt werden, dass die autoritären Regimes, welche dort herrschen, keinen Wert auf die internationalen Grundrechte sowie die Menschenrechte legen. In diesen Ländern werden immer häufiger der Wert des Menschenlebens, die Medienfreiheit oder das Recht auf Informationsfreiheit verletzt.

Laut Kritik wäre es somit dringend notwendig und angebracht, eine kollektive Kontrolle für die Gewährleistung der Menschenrechte einzuführen.

Fazit

Es kann somit erkannt werden, dass das Günstigkeitsprinzip in sehr vielen Bereichen des Zusammenlebens eingesetzt wird. Trotz des einen oder anderen Kritikpunkts ist die Anwendung des Günstigkeitsprinzips jedoch von hoher Bedeutung. Dies resultiert daraus, da schwächer gestellte Menschen, wie zum Beispiel Kinder oder Arbeitnehmer, in erster Linie geschützt werden.

 

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