Reverse Factoring: Definition, Beispiele und Vorteile

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Im Geschäftsleben werden zahlreiche unterschiedliche Formen von Factoring gehandhabt. Dabei hat jede ihre besonderen Eigenschaften. Bei eine der Arten geht es um das Reverse Factoring. Darunter versteht man eine bankenunabhängige Einkaufsfinanzierung, bei welcher die Verbindlichkeiten vom Abnehmer gegenüber dem Lieferanten vorfinanziert werden.

Was Reverse Factoring darstellt

Reverse Factoring ist, wie man schon bei dem Namen annimmt, eine Umkehrung vom Factoring. Oder, um sich genauer auszudrücken, nutzt man die Bonität vom Abnehmer, damit für den Ausgleich der Lieferantenrechnung die eigenen Zahlungsziele verlängert werden. Hierbei bezahlt der Factor den Lieferant und muss damit gegenüber dem Abnehmer keinerlei Eingeständnisse machen. Im Gegensatz zum herkömmlichen Factoring geht die Initiative keineswegs vom Lieferanten, sondern stattdessen vom Abnehmer aus. Daher nennt man Reverse Factoring ebenso häufig Lieferanten- oder Einkaufsfinanzierung, weil es sich um eine Vorfinanzierung der erhaltenen Waren oder Dienstleistungen handelt. Zwar haben zahlreiche Firmen oft genügend Aufträge, jedoch müssen sie auf ihr Geld lange warten.

Der Zeitraum zwischen der erfolgten Investition in benötigte Materialien oder Waren bis zum Erhalt von der geforderten Summe durch den Endabnehmer kann ziemlich groß sein. Das ist möglich, da die erworbenen Rohstoffe zunächst noch zu verarbeiten sind, die Lieferdauer ziemlich hoch ist, die Kunden eine schlechte Zahlungsmoral haben oder besonders lange Zahlungsziele beanspruchen. Für zahlreiche Firmen wird das Überbrücken dieses Zeitraums deswegen zu einer finanziellen Problematik, wenn das Verlängern der Zahlungsziele auf Lieferantenseite nicht erreicht werden kann.

Verlängern der Zahlungsziele auf Lieferantenseite

Dem kann Reverse Factoring abhelfen. Denn hier erfolgt die Vorfinanzierung der erworbenen Rohstoffe und Waren von einer entsprechenden Factoring-Firma. Das heißt, dass man Waren einkauft und der ausgewählte Reverse Factoring Anbieter den Lieferanten bezahlt. Man muss die Einkäufe erst später beim Factoring-Unternehmen begleichen. Vor allem für Firmen ist Reverse Factoring inmitten mehrgliedriger Lieferketten interessant. Demnach für Unternehmen, welche selbst Materialien oder Waren kaufen müssen und danach weiterveräußern. Mit Reverse Factoring sichert man sich als Abnehmer nämlich permanent die eigene Warenversorgung. In der Praxis ist diese Art der Finanzierung teilweise schwer zu realisieren und besonders komplex.

Denn zum Herbeiführen von Reverse Factoring hat zunächst der Lieferant zuzustimmen. Danach muss ein sogenannter Dreier-Vertrag zwischen Lieferanten, Factoring Firma und Käufer geschlossen werden. Deswegen ist für den Factoring Kunden das Integrieren von Reverse Factoring als weiteres Finanzierungsinstrument häufig besonders langwierig und wegen des Rahmenvertrages ebenso ziemlich unflexibel.

Wie Reverse Factoring funktioniert

Als Abnehmer ist man der Initiator beim Reverse Factoring. Das heißt, dass als Erstes die Möglichkeiten des Reverse Factorings zwischen dem Factoring Unternehmen und dem Abnehmer ausgelotet werden. Die wesentliche Basis, um Reverse Factoring zu nutzen, ist die Bonität als Abnehmer und damit Schuldner. Nach der erfolgreichen Festlegung eines Finanzierungsrahmens und der Bonitätsprüfung ist es notwendig, dass die gewählten Lieferanten auch in das Vertragswerk mit der Factoring Firma und dem Abnehmer eintreten. Damit wird garantiert, dass eine Abtretung der Forderung an das Factoring Unternehmen erfolgt.

Sobald von jeder Partei dieser Vertrag unterzeichnet wurde, besteht die Möglichkeit, die erforderlichen Materialien und Waren einzukaufen und diese von der Factoring Firma vorfinanzieren zu lassen.

Das bedeutet, dass man die Waren bestellt, eine Rechnung vom Lieferanten erhält und sie dann nach dem Überprüfen auf Vollständigkeit und Richtigkeit an die Factoring Firma weitergeleitet wird. Diese zahlt daraufhin direkt die Forderungen vom Lieferanten. Als Abnehmer muss man die Forderungen beim Factoring Unternehmen innerhalb eines vertraglich festgesetzten Zahlungsziels begleichen. Hier ist das Zahlungsziel im Normalfall viel länger, sodass man mehr Zeit zum Bezahlen der Rechnungen hat. Wie lang das Zahlungsziel dabei genau ist, richtet sich nach der Factoring Firma. Einige Anbieter gewähren Zahlungsziele bis zu 120 Tagen.

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Pattanaphong Khaunkaew/123RF.COM

Wegen des Vertragsrahmens, welcher hierbei geschlossen wird, gilt das klassische Reverse Factoring keineswegs als sehr flexibel. Das bedeutet, dass man keine Möglichkeit hat, die einzelnen Rechnungen von der Reverse Factoring Firma finanzieren zu lassen. Denn diese besondere Art der Einkaufsfinanzierung hat stets alle Forderungen vom Lieferanten zu umfassen.

Unterschied zwischen klassischem Factoring und Reverse Factoring

Zwischen dem klassischen Factoring und dem Reverse Factoring besteht der Unterschied darin, dass für den Factoring-Vertrag die Initiative üblicherweise vom Abnehmer ausgeht und nicht vom Dienstleister oder Lieferanten. Ein anderer grundlegender Unterschied zum herkömmlichen Factoring ist, dass bei dem Reverse Factoring ein komplexer Rahmenvertrag zwischen Abnehmer, Lieferant und Factor geschlossen wird. Hierin legt man fest, dass der Factoring Dienstleister alle Forderungen, die gegen den Abnehmer entstehen, von dem Lieferanten ankauft und somit vorfinanziert. Was für das Zustandekommen von einem Reverse Factoring Vertrag auf jeden Fall vorausgesetzt wird, ist die Bonität vom Abnehmer.

Die Vorteile im Überblick

Diese Einkaufsfinanzierung, die von den Banken unabhängig ist, bietet aus wirtschaftlicher Sicht nicht nur für Lieferanten, sondern auch für Abnehmer ein paar Vorteile. Abnehmer erhalten längere Zahlungsziele. Die können sie maximal ausnutzen, während bei den Lieferanten eine kurzfristige Sicherung der Liquidität erfolgt. Dabei ist ein Hauptvorteil, dass man trotz des langen Zahlungsziels bei der Rückzahlung Skonto abziehen kann. So ist es möglich, viel Geld bei der Finanzierung zu sparen. Wegen der sicheren und schnellen Begleichung der Rechnung kann das Verhältnis zwischen dem Abnehmer und dem Lieferanten positiv beeinflusst und verbessert werden. Zudem erfolgt beim Reverse Factoring ebenso das Abtreten eines eventuellen Ausfallrisikos von dem Abnehmer an den Factor.

Vorteile für Abnehmer

Der Abnehmer hat beim Kauf der Waren längere Zahlungsziele und damit verbunden ebenso eine hervorragende Liquidität. Aufgrund der raschen Bezahlung ist es möglich, häufig Skonti zu sichern. Bei Reverse Factoring geht es um eine von Geldinstituten unabhängige Finanzierungsform. Damit gibt es keine Belastung der Banklinien. Es erfolgt die Stärkung der Bilanzstruktur, weil Lieferantenverbindlichkeiten rasch bezahlt werden. Im Normalfall übernimmt beim Reverse Factoring der Abnehmer die Factoringgebühr. Allerdings gibt es ebenso Fälle, in welchen der Lieferant wegen der Zahlung einen Teil der Kosten trägt.

Vorteile für Lieferanten

Die Forderungen werden in kürzester Zeit und komplett beglichen. Der Factor trägt das Risiko vom Zahlungsausfall. Für den Lieferanten entstehen keine Zusatzkosten, weil häufig das Factoring vom Abnehmer bezahlt wird. In der Regel kann man Verbindlichkeiten gegenüber Vorlieferanten aus eigener Liquidität begleichen. Damit haben Lieferanten zahlreiche Vorteile wie bei einem gewöhnlichen Factoring Vertrag zwischen Factoring Anbieter und Lieferant, nur dass sie in dem Fall normalerweise überhaupt keine Gebühren oder lediglich einen bestimmten Teilbetrag an Aufwendungen für das Factoring übernehmen müssen.

 

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