Neu ist nicht notgedrungen besser: 8 Kriterien für die Auswahl eines ERP-Systems

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Software zum gezielten Einsatz der Unternehmensressourcen, sogenannte ERP-Systeme, sind längst Standard geworden. Neben Großunternehmen vertrauen auch die meisten KMUs auf entsprechende Lösungen. Bei der Auswahl eines neuen ERP-Systems haben viele Verantwortliche jedoch Schwierigkeiten. Der Markt ist mit entsprechenden Angeboten überflutet.

Alle Hersteller versprechen entgegen der Tatsachen, dass die eigene Lösung perfekt für jeden Zweck geeignet ist. 8 Kriterien fungieren als Machete in diesem Dschungel, um eine Schneise zum idealen ERP-System zu schlagen.

Vorbemerkung: Perfekte Allrounder existieren nicht

ERP-Systeme, die ausgesprochen flexibel, frei skalierbar, möglichst günstig, ohne Einstiegshürden zu erlernen, intuitiv und mit zahlreichen Funktionen ausgestattet sind, gibt es nur in der Werbung. Bildlich kann man sich den Markt für ERP-Systeme wie ein Buffet vorstellen: Es gibt eine gemeinsame Basis, aber zahllose Ausprägungen. Kunde A möchte Speise/ Variante 1, aber Kunde B bevorzugt Speise/ Variante 27. Es macht daher keinen Sinn, nach dem idealen Allrounder zu suchen, weil der nicht existiert. Vielmehr muss man sich über die eigenen Ziele Klarheit verschaffen und danach wählen.

Kriterium 1: Erfüllt das ERP-System die aktuellen Zielvorgaben?

Unternehmen verwenden ERP-Systeme in der Regel sehr lange. Eine Umfrage der Computerwoche hat gezeigt, dass bei 13,75 Prozent der Firmen noch Lösungen im Einsatz sind, die 15 Jahre oder mehr auf dem Buckel haben. 26,25 Prozent vertrauen auf ERP-Systeme in einem Alter zwischen 7 und 15 Jahren. Anders ausgedrückt: Vier von zehn Unternehmen arbeiten mit einer Software, die älter als die Fukushima-Katastrophe oder die Guttenberg-Affäre ist.

Die ERP-Programme werden in der Regel aussortiert, weil sie den eigenen Anforderungen nicht gerecht werden. Damit geht eine Erkenntnis einher: Die eigenen Zielvorgaben haben sich geändert. Oft mangelt es jedoch an einer präzisen Definition der neuen Ziele. Diese muss zuerst erfolgen, damit überhaupt ein ERP-System gewählt werden kann.

Kriterium 2: Altes System oder neues System?

Wer ERP-Systeme gefunden hat, die den eigenen Zielen entsprechen, muss in der Regel zwischen älteren und neuen Angeboten wählen. Ältere Systeme sind dabei nicht unbedingt schlechter. Sie haben diverse Vorteile:

  • Ausgereifte Software
  • Fehler sind (weitgehend) beseitigt
  • Mehr Funktionen als bei neuen Systemen
  • Feedbacks von Anwendern wurden über Updates eingebunden

Neuere Systeme sind hingegen häufig mit besseren Benutzeroberflächen ausgestattet, die den aktuell verbreiteten GUIs nachempfunden sind. Einstiegshürden fallen so geringer aus. Zugleich sind sie flexibler, was gerade in mittleren und großen Unternehmen wichtig werden kann.

Kriterium 3: Flexibilität

Flexibilität meint beispielsweise Plattformunabhängigkeit, Möglichkeiten der Zusammenarbeit („Collaboration-Tools“) sowie Prozess- und Service-Orientierung. All diese Punkte basieren auf jüngeren Gestaltungskonzepten. Vereinfacht ausgedrückt: Wer sich ein flexibles ERP wünscht, muss zu einer jüngeren Software greifen und erhält eine Lösung mit einem geringeren Funktionsumfang.

Kriterium 4: Funktionsumfang

Der Funktionsumfang lässt sich als Spiegelbild zur Flexibilität verstehen. Ältere Anwendungen sind besser ausgestattet. Dies betrifft nicht nur die Grundversorgung wie beispielsweise unterschiedliche Kalkulationsschemata oder Multi-Site-Fähigkeiten. Auch die Werkzeug-Palette für die Admins, um die Lösungen anzupassen, sind bei älteren Angeboten umfangreicher. „Älter“ meint dabei einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren.

Kriterium 5: Support

Jeder Anwender von ERP-Systemen benötigt irgendwann den Support, da die Programme eng mit der eigenen Software-Infrastruktur verflochten werden. Idealerweise sitzt der Support in der Nähe, denn Fernwartungsangebote haben ihre Grenzen. Gerade bei mittleren und großen Unternehmen ist dieses Kriterium von zentraler Bedeutung.

Kriterium 6: Schnittstellen

Ein ERP ist im Prinzip das Gehirn der Unternehmenssoftware. Hier finden die Planungen, die an anderer Stelle umgesetzt werden. Ein ERP sollte deshalb über eine offene API für möglichst viele andere Lösungen verfügen – beispielsweise für die Warenwirtschaft, die Fakturierung und die Buchhaltung. Über das ERP-System sollte sich überwachen lassen, ob die Ressourcen tatsächlich wie geplant eingesetzt werden.

Kriterium 7: Standardsoftware oder spezialisierte Programme?

Dieses Kriterium hätte auch „Global Player oder Kleinanbieter“ genannt werden können. Global Player bieten Standard-Lösungen, die im hohen Umfang individualisiert werden können, was allerdings mit erheblichem Arbeitsaufwand verbunden ist. Sie sind günstiger und befriedigen die „Grundbedürfnisse“, mit denen die meisten kleinen Unternehmen auskommen. Klein-Anbieter bieten in der Regel branchenspezifische ERP-Systeme, die teilweise ab Werk maßgeschneidert werden können. Sie kosten mehr, sind aber im Alltag von stark spezialisierten Unternehmen eine echte Erleichterung.

Kriterium 8: Skalierbarkeit

Skalierbarkeit bedeutet, dass ein ERP-System aufgerüstet werden kann, um Beispiel dem Wachstum eines Unternehmens Rechnung zu tragen. Global Player bieten in der Regel eher skalierbare Software als spezialisierte Nischenanbieter.

Fazit: Testläufe können helfen

Wer nach diesen Kriterien ERP-Systeme sucht, kann die Auswahl in der Regel auf vier bis fünf Lösungen kürzen. Dann macht es Sinn, kostenlose Testversionen in Anspruch zu nehmen, um über Alltagserfahrungen eine Entscheidung zu treffen. Die Auswahl dauert zwar länger. Doch sei noch einmal erinnert, wie lange ERP-Systeme im Einsatz sind. Die Entscheidung sollte deshalb nicht über das Knie gebrochen werden.

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